Second Life ist ein Ort, an dem man als fliegender Waschbär mit DJ-Ambitionen durch eine Cyberpunk-Stadt tanzen kann, während man gleichzeitig ein viktorianisches Teehaus betreibt. Es ist ein Raum für Fantasie, Freiheit und Identität. Und genau deshalb ist es auch ein Ort, an dem Transidentität nicht nur existiert, sondern gelebt, gefeiert und manchmal auch verteidigt werden muss.

Denn so schön SL sein kann – es ist nicht frei von Missverständnissen, Vorurteilen und gelegentlich auch von der berüchtigten „Ich-bin-nur-ehrlich“-Transphobie, die sich hinter vermeintlich harmlosen Fragen versteckt wie ein Griefer hinter einem pinken Schildkrötenavatar.

Was bedeutet Transidentität – und warum ist das kein Rollenspiel?

Transidentität beschreibt Menschen, deren Gehirn gegensätzlich des körperlichen Geschlechts schon während des Wachstums in der Fruchtblase gebildet wird. Das ist keine Mode, kein Trend, kein RP-Feature. Es ist eine Realität. Für viele Trans-Personen ist SL ein sicherer Raum, in dem sie sich so zeigen können, wie sie sich fühlen – ohne Angst, ohne medizinische Gatekeeper, ohne gesellschaftliche Schranken.

Und nein, das bedeutet nicht, dass jede Trans-Person in SL ihre RL-Geschichte offenlegt. SL ist ein Ort der Selbstbestimmung – nicht der Selbstoffenbarungspflicht.

Die häufigsten Missverständnisse – und wie man sie elegant vermeidet

„Aber du siehst doch aus wie eine Frau!“

Ja, das nennt man einen Avatar. Er besteht aus Polygonen, nicht aus Chromosomen. Identität ist keine Frage der Meshqualität.

„Ist das echt oder nur RP?“

Wenn du das fragst, ist es Zeit für einen Realitäts-Reset. Transidentität ist keine Rolle, sondern ein Teil der Persönlichkeit. SL erlaubt es, diesen Teil sichtbar zu machen – nicht zu spielen.

„Warum sagst du nicht gleich, dass du trans bist?“

Weil niemand verpflichtet ist, sich zu outen. Auch nicht in SL. Vertrauen ist keine Instant-Funktion.

„Ich hab ja nichts gegen Trans, aber…“

Stopp. Alles nach dem „aber“ ist meistens ein Problem. Wenn du wirklich nichts dagegen hast, brauchst du kein „aber“.

Wie man sich als SL-Bewohner*in nicht wie ein NPC verhält

  • Sprache mit Stil und Substanz
    Sag „transident“, nicht „TS“. Frag nach Pronomen, aber bitte nicht wie ein Zollbeamter auf der Suche nach Schmuggelware. Und wenn du unsicher bist: Zuhören hilft mehr als Googeln.
  • Support statt Spectator-Modus
    Wenn du transfeindliche Kommentare hörst, sag was. Du musst nicht gleich den Banhammer schwingen – ein simples „Das geht gar nicht“ wirkt Wunder. Und ja, auch in Gruppenchat.
  • Räume schaffen, nicht nur tolerieren
    Transfreundliche Clubs, Gruppen und Events sind keine Nischen – sie sind Oasen. Und nein, „Trans Thursday“ ist keine Lösung, wenn der Rest der Woche toxisch bleibt.
  • Feiern statt „ertragen“
    Transidentität ist kein Problem, das man „akzeptieren“ muss. Es ist ein Teil der menschlichen Vielfalt. Also: Glitzer drauf und ab zur Pride!

Stimmen aus dem Grid – anonymisiert, aber echt

„SL war der erste Ort, an dem ich mich als Frau zeigen konnte – ohne Angst.“
„Ich bin nicht trans in SL. Ich bin trans. Punkt.“
„Ich wünschte, Leute würden mich einfach als Mensch sehen – nicht als Erklärung.“

Diese Stimmen sind keine Ausnahme. Sie sind Teil unserer Community. Und sie verdienen Respekt und Neugier, nicht Hass und Intoleranz.

Für Fortgeschrittene: Der SL-Trans-Kompetenztest

Du siehst einen Avatar mit Bart und Kleid. Was tust du?

a) Nichts.

b) Ein Kompliment.

c) Einen Vortrag über Geschlechterrollen halten.

→ Richtige Antwort: a oder/und b. c führt zu einem Teleport in die Region „Ignorantia“.

Du willst wissen, ob jemand trans ist. Was tust du?

a) Frag höflich, wenn du einen guten Grund hast.

b) Lass es einfach.

c) Mach ein Quiz.

→ Richtige Antwort: b. Identität ist kein Ratespiel.

Du hörst im Gruppenchat: „Das ist doch nur ein Typ mit Brüsten.“ Was tust du?

a) Sag was.

b) Sag nichts.

c) Lach mit.

→ Richtige Antwort: a. Schweigen ist keine Neutralität – es ist Zustimmung.

Bonus: Die SL-Berufsgruppe „Transidentitätsberater*in mit Glitzerlizenz“

Diese ehrenwerte Berufsgruppe ist zuständig für:

  • das Auffinden verschwundener Pronomen in Gruppenprofilen
  • das Reparieren von Voice-Failures bei Pride-Paraden
  • das Verteilen von pinken Banhämmern an Leute, die „nur mal ehrlich sein wollten“.

Bewerbungen bitte direkt an Promo&Plunder, Abteilung „Empathie mit Stil“.

Fazit: Mehr Glitzer, weniger Gatekeeping

Transidentität in Second Life ist keine Fußnote, kein RP-Feature und schon gar kein Grund für neugierige Fragen im Gruppenchat. Sie ist Teil unserer Community, unserer Vielfalt und unserer gemeinsamen Geschichte im Grid.

Wer in SL unterwegs ist, sollte wissen:
Respekt ist keine Option – er ist Standard.
Akzeptanz ist kein Add-on – sie gehört zur Grundausstattung.
Und Empathie? Die ist wie AO – ohne läuft’s einfach nicht rund.

Also: Lasst uns Räume schaffen, in denen trans Menschen nicht nur geduldet, sondern gefeiert werden. Lasst uns zuhören statt urteilen, unterstützen statt analysieren und tanzen statt kontrollieren.

Denn am Ende zählt nicht, wie dein Avatar aussieht – sondern wie du dich verhältst.

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