Being a DJ in Second Life – Ein reales Verlustgeschäft mit Spaßfaktor

Geiz ist Ge*l – So betitelte eine bekannte Elektronik-Kette damals in ihrer Werbung ihre „Schnapper“ der Woche. Wenn man (so wie ich) schon viele Jahre in SL unterwegs ist und sich als DJ betätigt, so merkt man das dieser Slogan immer noch präsent ist. Zumindest (primär) in der DE-Community.

Ein wenig Historie: In meinen realen Anfängen (Anfang der 1990er) waren die DJs maßgeblich daran beteiligt, wie erfolgreich ein Titel/Künstler wird. Auch heute ist das so. Lediglich die Form des Mediums hat sich verändert. Waren es früher noch LPs / (Maxi)Singles aus Vinyl oder später CDs, sind es heute Dateien und Streamingdienste. Nennt mich gerne alt oder Oldschool, ich mag das Arbeiten mit DJ-Decks. Ob nun mit Platten-/CD-Spieler oder als Hardware für mein (bezahltes) DJ-Programm.

Der Club hat die Werbung gemacht und sich nicht darauf verlassen, das er DJ diesen füllte, auch wenn sie das „Aushängeschild“ bedeuteten. Heute füllt ein DJ, wie Armin Van Buren, ganze Arenen, nur dadurch das er auch selbst produziert und verstanden hat sich selbst zu vermarkten. Auch hier gilt, das sie Zeit, Geld und Arbeit in ihre „Karriere“ investiert haben. Ohne Fleiß, keinen Preis.

Vielen ist nicht bekannt, bewusst (oder letztendlich auch egal) was der „Schallplatten-Unterhalter“, der seine Musik über den virtuellen Äther schickt am Ende für Kosten und Arbeit auf sich nimmt. Zumindest, wenn er sich „legal“ betätigt. Legal heißt hier: Für die Musik die er spielt zu bezahlen inkl. der Erlaubnis dieses auch (gegen Gebühr) „aufführen“ zu dürfen. In dem Moment, als ich mich dafür entschieden habe, diesen „sauberen“ Weg zu gehen, wurde mein DJ Dasein zum (finanziellen) Verlustgeschäft. Mein Job ist es zu „unterhalten“ und Musik ist der wichtigste Bestandteil meines Entertainments. Der „reale“ Künstler soll auch was dafür bekommen, wenn ich etwas von ihm spiele, der muss auch von seiner „Musik“ leben (können). Das verschafft mir persönlich ein gutes Gefühl und meine Tips deckeln zumindest einen Teil meiner Kosten (monatlich ca. 90 Euro für Lizenzen/Musikbibliotheken/Gebühren).

Ich habe lange überlegt, wie ich das dem geneigten Leser rüberbringe. Deshalb hier ein kleiner Einblick in meine „behind the scenes“-Momente. Viele der DJs in SL machen keine Öffentlichkeits-Arbeit. Sie vertrauen, so wie früher, auf den Club in dem sie auflegen. Der wird schon genug Werbung machen und den Club füllen. Ein Trugschluss wie ich es schon mehrfach erleben durfte. Viele Clubs (und auch Veranstalter) setzen voraus, das der DJ dafür sorgt und seine Anhängerschaft mitbringt. Selbst große Venues, schreiben in ihren DJ Bewerbungen, das sie erstmal die „Reputation“ (Gruppengröße, Social-Media Präsenz, etc) prüfen, bevor sie dich überhaupt in die engere Wahl nehmen. Ob du dann letztendlich genommen wirst, steht auf einem anderen Blatt. So eine „Crowd“ aufzubauen ist harte Arbeit, wenn du auf Loyalität/Begeisterung setzt und nicht auf Masse.

Also beginnt man Werbung zu machen, die man selbst (ohne KI) feinsäuberlich vorbereitet und (mit bezahlter Software) gestaltet. Veranstaltung erstellen und auf Social-Media großflächig verteilen, aber bitte kreativ. Set Vorbereitung: 2-3 Stunden für das Set, das zum Club, der Veranstaltung und den Gästen passt. Die „Musikbibliotheken“ müssen durchforstet werden. Gibt es Neuerscheinungen, ist das passend für das Set, wie stehts mit den Charts, haben die Labels neues Material geschickt (ich bekomme ab und an frische Ware). Alles nur nicht langweilig werden oder zur Konserve greifen. Technik-Check: DJ Controller, Mischpult, externes Mikrofon, DJ-Software. Auch alles gekauft und vom realen Einkommen bezahlt. Da mag man nicht drüber nachdenken, was das alles an Kohle verschlungen hat. Da bekäme man schon einen gehobenen High-End PC jenseits der 3000 Euro Grenze für. Stream checken, Inworld Werbung in den eigenen Gruppen, Freunde informieren und KEINE Massen-TPs verwenden. Ich frag mich wirklich wer auf diese Unart gekommen ist, das grenzt ja schon an „DU MUSST und ich dulde keine Ausrede“. Es gibt keine Ausnahmen bei den Versendern, selbst befreundete DJs und Venue-Owner machen das. Gerade wenn man selbst auf einem Set ist nervt sowas gewaltig! Gut das es sowas wie „TPs ablehnen“ in manchen Viewern gibt.

Bisher waren das nur die Vorbereitungen. So richtig interessant wird es dann erst wenn man „Live“ geht. Wer das Glück hat eine(n) Host zu haben, die/der seinen Job versteht und nicht einfach nur Gesten schleudert, kann sich voll auf seine Gäste und sein Set konzentrieren. Da sind dann auch mal spontane Änderungen möglich, wenn im Chat was witziges passiert und man „musikalisch“ darauf reagieren kann. Sowas macht mir richtig Spaß. Auch das interagieren mit dem/der Host. Wenn man keine(n) Host hat, übernimmt man den Part auch noch (man hat ja sonst nichts zu tun).

Ach ja der Chat *seufzt*. Ich finde es grausam wenn hier die ganzen „Interaktions-Huds“ zum Einsatz kommen. Da wird geknutscht und versohlt als wenn es kein Morgen gäbe. Sicher ist das toll, wenn man nach außen zeigt wie sehr man sich mag, aber das ersetzt doch keine Unterhaltung! Vor allem bekommt man den richtigen Chat dadurch überhaupt nicht mehr mit (wenn er denn stattfindet). Es soll ja bald eine Funktion geben die das unterbinden kann. Auch wird gerne über Discord miteinander gequatscht und die Arbeit des DJs gerät ins Hintertreffen. Da mag man sich fragen: Wofür mach ich diesen ganzen Sch… ähm betreibe ich den Aufwand eigentlich?

Nach 2 Stunden (oder mehr) andauernder guter Laune und der hoffentlich gelungenen Musikauswahl, schaut man dann auf das was es den Gästen wert war. Die Ernüchterung folgt sofort. Gerade in der DE-Community gibt es kaum Wertschätzung für das was man leistet. Vielleicht mag man auch meine Nase nicht. Zumindest kam es schon vor das ich für lediglich 100 L$ den Aufwand von 4-5 Stunden Vorbereitung und Auflegen honoriert bekam. Wenngleich auch das nur ein Aspekt ist, nagt es an einem persönlich. Nicht mal ein „Danke für die Musik/Unterhaltung“ ist im Chat zu lesen gewesen und dafür bedanke ich mich dann bei jedem Gast das er da gewesen ist? Irgendwas stimmt da doch nicht!

Zum Glück sieht es international wesentlich besser aus. Sogar die Club/Venue Owner haben erkannt, das Ihre DJs „Arbeit“ in ihre Sets stecken. Man wird wie ein „Live“-Künstler behandelt, der eine Gage bekommt (auch wenn das Verhältnis da wirklich unstimmig ist im Vergleich). Einen „Basis-Tip“ mit dem man zumindest nicht „leer“ ausgeht, auch wenn der Club mäßig besucht ist. Etwas, das ich in meinen Clubs auch gemacht habe. Ob nun Host oder DJ, jeder bekam mehr als einen normalen „Tip“. Dafür waren meine DJs/Hosts auch immer Loyal, pünktlich und haben mich selten (eigentlich nie) versetzt. Gerade in solchen Momenten bewegt man sich auch als Club/Venue Owner mit dem DJ auf Augenhöhe. Gegenseitige Wertschätzung. Es gab sogar welche die einen Teil ihrer Einnahmen wieder in den Club-Tipjar warfen.

Ich für meinen Teil freue mich über jeden Gast der erscheint. Ich freue mich auch über 50 L$.Steter Tropfen höhlt den Stein, weshalb ich nur noch in ausgewählten Clubs auflege. Nur so kann ich meine Kosten auch ein wenig wieder einfahren. Ich, für meinen Teil, habe wesentlich mehr Spaß an meiner „Arbeit“ wenn auch mal ein „Danke“ kommt und die Gäste eine gute Zeit haben. Vielleicht sieht man sich 😉

Über den Autor:

Mr M.T. (aka Tom Willis) ist seit 2007 in SL unterwegs. 5 Jahre davon als SL-DJ und Club-Betreiber. Er verfügt über Online-Radio Erfahrung und hat als RL-DJ in verschiedenen Clubs aufgelegt. Zusammen mit seiner Partnerin Lizzy Swordthain ist er bekannt geworden als „LiTo-DJTeam“, das in den letzten 2 Jahren viele (meist internationale) Events in SL begleitet hat. Derzeitig ist er Resident-DJ im „The Midnight Cabaret“ (international, wöchentlicher Wechsel Montag/Mittwoch 12 pm SLT), „The Naughty Panda“(international, jeden Dienstag 01:00 pm SLT) und im „Golden Hour“(international, Fr. 14-tägig 12pm SLT).